** Rama **
"Und wenn Du das Rauschen des Meeres hörst, dann ist es für immer unendlich"
Die Alltagsprobleme der Indianerkommunen in Nicaragua anhand der Ramas
Die Rama Indianer sind mit ca. 1200 Menschen die kleinste, ethnische Gruppe in Nicaragua. Sie bewohnen den Nordosten Costa Ricas, den Südosten Nicaraguas und die kleinen Inseln Rama Keys in der Lagune vor Bluefields gelegen. Neben ihrer eigenen Indianersprache, einer Macro-Chibchan Sprache, die vom Aussterben bedroht ist, sprechen sie hauptsächlich Englisch, das sich seit der britischen Kolonisierung im 19.Jhrd. bei Ihnen als Hauptsprache eingebürgert hat.
Die Indianer sind zumeist Jäger und Bauern. Ihre Nahrung besteht größtenteils aus Fischen, Krebsen, Meeresschildkröten und diverse andere Meeresfrüchte, abhängig natürlich von der Saison und von der Jagd im Dschungel. Sie fangen zahlreiche verschiedene Tiere, wie zum Beispiel Tapire, Hirsche, Iguanas und Wildschweine. Vom Anbau ernten sie hauptsächlich Wurzeln (Yucca) und eine große Auswahl von Früchten, aber auch Korn und Bohnen. Weil die Inseln unfruchtbar sind, pflanzen sie im Landesinnere an Ufernähe von Flüssen und Bächen, die 3 Tage mit dem Einboot auseinander liegen. Da die Indianer noch so leben wie damals, ist das Gleichgewicht der Natur in den Wäldern Nicaraguas erhalten geblieben und nicht wie in anderen Teilen Mittelamerikas durch Fehlwirtschaft zerstört. |
Sowie am Amazonas bei den brasilianischen ethnischen Gruppen als auch hier in Nicaragua haben die Indianer erhebliche Probleme mit der Gewährleistung ihrer Rechte. Obwohl die Ramas Landrechte über große Regenwaldgebiete haben, wird ihr Lebensraum zunehmend eingeengt, zerstört und bedroht: ganze Wälder werden illegal gerodet und an andere Länder verkauft. Ländereien werden zur Besiedelung und zum Bau von Industrie freigegeben. Andere Flächen werden in Nationalparks umgeändert, womit den schon immer naturbewußten agierenden Indianern jegliche landwirtschaftliche Nutzung untersagt ist. Gegen diese Unrechte kämpfen die Ramas gemeinsam mit den Miskitos und Sumus, was aber ein schwieriges Vorhaben ist, da es einfach an finanziellen Mitteln und an professioneller Unterstützung fehlt. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, ist die Geschichte von "Coyote" und der Schule zu erwähnen:
Die Regierung von Nicaragua schreibt jedem Kind die Schulpflicht vor, die nur dann nachgegangen wird, wenn eine Schule vorhanden ist. Wie im Fall von Coyotes Dorfgemeinschaft. Da es dort keine Schule gibt, wird den Bewohnern vorgehalten, die nächstgelegene aufzusuchen. Dies bedeutet eine tagelange Kanufahrt ins weit gelegene San Juan del Norte. Dort hat man Notunterkünfte (Holzhütten) für die Familien eingerichtet, wo sie wochenlang getrennt von Familie und Dorf wohnen. Dadurch können die Kinder zwar lernen, die Feldarbeit bleibt aber trotzdem auf der Strecke. Das Gebiet um San Juan del Norte ist Nationalpark und es ist den Bewohnern untersagt, landwirtschaftlich anzubauen. Die Einheimischen des Dorfes beziehen ihre Lebensmittel und Güter von San Carlos, das Geld fehlt aber den Indianern, da sie kein Einkommen haben.
Was man hier auch noch anmerken sollte, ist, daß wegen den unterschiedlichen Sprachen (die Rama Kinder sprechen Englisch und nicht Spanisch), der Unterricht von den übrigen Dorfkindern getrennt stattfindet. Alicia, die Lehrerin der Ramakinder, unterrichtet in Englisch und Ramaqui und auch die Geschichte weicht davon ab, das man bei den Mestizen von der spanischen Eroberung der Westküste redet und die Ostküste ja von der britischen Kolonisierung beeinflußt wurde. |
Lange plant Coyote, der Stammes häuptling seines Dorfes, dessen richtiger Name Hilario lautet, schon den Bau einer eigenen Schule in seinem Dorf, doch leider fehlen die finanziellen Mitteln. Die Regierung hat ein bestimmtes Bild vor Augen, wie ein Schulgebäude in Nicaragua auszusehen hat. Weiß-blau gestrichen, die Nationalfarben, und eine einfache, rechteckige Holzhütte. Mehr nicht. Doch ohne Geld, keine Nägel, keine zugeschnittenen Bretter (Holzmaterial wird zwar dem Urwald entnommen, aber es wird jemand benötigt, der es zuschneidet), keine Schrauben, keine Farben. Und die Kosten für die Anfahrt (Benzin) und Reisekosten zu den Ort, wo man diese Sachen auch erhält (in diesem Fall 200km - San Carlos oder Puerto Viejo, Costa Rica) wurden bis jetzt noch nicht mit einbezogen. Und diese sind sehr teuer (10 US$ pro Person für die Fahrt von San Juan del Norte bis nach San Carlos - für Nicaragua ist das viel Geld!)
Coyote versucht, in San Juan del Norte Geld zu sammeln, indem er mit Touristen Ausflüge in die nähere Umgebung macht oder Dschungeltouren mit Übernachtung in einer Strohhütte organisiert. Doch leider ist San Juan del Norte nicht wirklich ein touristischer Anziehungspunkt, so das auch, wenn sich mal einer hierher verirrt, nicht gleich von den Indianern weiß und bald wieder abreist. Doch wie schon oben erwähnt, sind das nicht nur die einzigen Sorgen die Coyote plagen. Die Indianergruppen waren schon immer etwas Besonderes und wurden zumeist als Randgruppe fungiert. Auch die Erhaltung der indianischen Gebräuchen und Sitten ist durch den Einfluß der Mestizen gefährdet. |
Dazu noch ein nettes Beispiel:
Bei den Ramas ist es üblich, daß die Männer und Jungen lange Haare tragen. Vor 3 Jahren wurde den Jungs in der Schule aufgetragen, dies bitte umgehend zu ändern, da es angemessen ist, ordentlich zur Schule zu erscheinen und nicht wie Wilde. Ansonsten werden die Schüler vom Unterricht ausgeschlossen bzw. von der Schule verwiesen. Nach gewaltigen Prozeß seitens der Eltern, gehorchten sie dennoch und schnitten sich die Haare ab, bis man drauf kam, daß es gegen die Ehre verstieß, diskriminierend sei und gegen das Gesetz der Ethnologie verstößt. "Freiheit aller ethnischen Gruppen, in ihren Sitten und Riten" - doch die Haare waren schon ab und es wird Jahre dauern, "Gras" über die Wunde wachsen zu lassen! |